SPP 1921 „Intentional Forgetting in Organisationen“ Writing-Workshop in Bamberg vom 26.-27. Oktober 2017

Ziele des Workshops

Der erste SPP 1921 Writing-Workshop fand zu den Themen Forschungsdatenmanagement, gute wissenschaftliche Praxis und Publizieren in Fachjournals statt. Ziel war es, den NachwuchswissenschaftlerInnen des SPP die Wichtigkeit von wissenschaftlichen Standards im Umgang mit Forschungsdaten und beim Verfassen wissenschaftlicher Texte näherzubringen und mit den ExpertInnen, die als GastreferentInnen geladen waren, zu diskutieren. Zudem fand ein Expertenpanel statt, bei dem die erfahrenen WissenschaftlerInnen von ihren eigenen Erfahrungen mit wissenschaftlichen Publikationen berichteten und den TeilnehmerInnen des Workshops Frage und Antwort standen. In Kleingruppenarbeiten erhielten die TeilnehmerInnen anschließend Feedback zu Auszügen aus ihren bisher im Rahmen des SPP 1921 verfassten Manuskripten.


Das Programm am ersten Workshop-Tag

Am ersten Workshop-Tag standen die Themen Forschungsdatenmanagement und gute wissenschaftliche Praxis im Mittelpunkt. Hierzu waren zwei Gastreferenten eingeladen, Herr Prof. Dr. Mario Gollwitzer, Professor für Methodenlehre und Sozialpsychologie im Fachbereich Psychologie von der Philipps-Universität Marburg und Mitglied im Vorstand der DGPs sowie Herr Dr. Malte Elson, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie der Ruhr-Universität Bochum, Mitglied im DGPs und Experte im Bereich „gute wissenschaftliche Praxis“.

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Gastreferent: Prof. Dr. Mario Gollwitzer, Mitglied im Vorstand der DGPs

Vortrag „DGPs-Empfehlungen zum Forschungsdatenmanagement

Herr Prof. Gollwitzer stellte die DGPs-Empfehlungen zum Forschungsdatenmanagement und die im September 2015 neu verfassten Leitlinien zum Umgang mit Forschungsdaten vor. Hintergrund ist eine Forderung von Förderinstitutionen nach einer langfristigen Sicherung von Forschungsdaten und einem offenen Zugang zu Daten aus öffentlich geförderter Forschung. Zudem hat auch die Replikationsdebatte in der Psychologie eine Diskussion über mehr Offenheit und Transparenz in der Forschung angestoßen. Herr Gollwitzer zeigte in seinem Vortrag auf, dass durch die Umsetzung der DGPs-Empfehlungen und der damit verbundenen Transparenz in Bezug auf Forschungsdaten zwei kontrastierende Positionen entstehen können.

Auf der einen Seite stehen das Recht der Öffentlichkeit an der durch öffentliche Gelder geförderten Forschung, der erhöhte Erkenntnisgewinn durch Nachnutzung von Daten und die Nachprüfbarkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen durch einen offenen Zugang von Forschungsdaten. Dem stehen der Schutz der personenbezogenen Daten der ProbandInnen aus wissenschaftlichen Studien, ein berechtigtes Interesse der OriginalautorInnen an der exklusiven Verwertung ihrer Studien sowie der Schutz von OriginalautorInnen vor Rufschädigung gegenüber. Die von Herrn Gollwitzer vorgestellten neuen Leitlinien der DGPs versuchen eine Balance zwischen diesen beiden Seiten herzustellen. Zunächst definieren sie Primärdaten und die Standards ihrer Veröffentlichung. Weiterhin werden die Rechte und Pflichten der Datenbereitstellenden sowie der Datennachnutzenden festgelegt. Darüber hinaus enthalten die Leitlinien Vorschläge zur Regelung von Fragen der Forschungsethik sowie zur guten wissenschaftlichen Praxis. Laut Herrn Gollwitzer bestehen die nächsten Schritte in einem inhaltlichen Austausch zwischen den unterschiedlichen Interessensgruppen und der Evaluation der Umsetzungspraxis der DGPs Empfehlungen.

Vortrag „Gute wissenschaftliche Praxis: Präregistrierung, p-Hacking und Power in psychologischen Publikationen“

Dr Malte Elson
Dr. Malte Elson, Ruhr-Universität Bochum

Der zweite Gastreferent Dr. Elson hielt den Vortrag „Gute wissenschaftliche Praxis: Präregistrierung, p-Hacking und Power in psychologischen Publikationen“. Herr Elson berichtete von dem bekannten Fall „Diederik Stapel“, dem in mindestens 50 Fällen wissenschaftliches Fehlverhalten nachgewiesen wurde. Stapel hatte Datensätze manipuliert, um Publikationen in hochrangigen Journals zu platzieren. Auch wenn schwerwiegendes Fehverhalten, wie in Stapels Fall, eher die Ausnahme in der Wissenschaft sind, so bewegen sich viele Forschende öfter in einer „Grauzone“ was fragwürdige wissenschaftliche Forschungspraktiken anbelangt. Sie verwenden Techniken, um ihre wissenschaftlichen Hypothesen künstlich stützen zu können und somit die Wahrscheinlichkeit einer Publikation zu erhöhen. Herr Elson ging auf einige dieser fragwürdigen Forschungspraktiken ein.

Diese können zum einen in selektivem Berichten der Ergebnisse oder durch Flexibilität beim methodischen Vorgehen bestehen. Unter selektives Berichten fällt beispielsweise, dass Forschende nicht alle erhobenen Variablen oder alle Versuchsbedingungen erwähnen, sondern eventuell nur die, bei denen signifikante Ergebnisse gefunden wurden. Die Signifikanz kann weiterhin über Flexibilität im methodischen Vorgehen manipuliert werden. Hierzu zählen beispielsweise die zusätzliche Datenerhebung oder das Abbrechen der Datenerhebung nach bereits erfolgtem Signifikanztest. Auch das Abrunden von p-Werten oder das Formulieren von Hypothesen nach der Datenanalyse stellt eine zweifelhafte wissenschaftliche Praxis dar. Zur Vermeidung dieses Vorgehens schlug Herr Elson unterschiedliche Vorgehensweisen vor. Die Formalisierung eines idealtypischen Ablaufs wissenschaftlicher Forschung schützt z.B. vor Selbstbetrug oder absichtlicher „Beschönigung“ der Forschungsergebnisse. Eine Art der Formalisierung stellt die Präregistrierung dar. WissenschaftlerInnen können den Ablauf der geplanten Studie einschließlich des Literaturüberblicks, der Hypothesen und der Methode, vor der Datenerhebung auf Plattformen oder Repositorien hinterlegen. Kopien relevanter Dateien erhalten dort einen Zeitstempel und werden nach Ablauf einer bestimmten Zeit veröffentlicht.

WissenschaftlerInnen werden somit „gezwungen“ sich an ihren Plan zu halten und sich von vornherein genau Gedanken über den Ablauf der Studie zu machen und diese umfassend planen. Jedes Abweichen von dem zuvor festgelegten Plan ist somit im Nachhinein erkennbar und sollte begründet werden.

Das Programm am zweiten Workshop-Tag

Expertenpanel zum Thema Publizieren in Fachjournals

Expertenpanel
v.l. Prof. Dr. Ute Schmid (Universität Bamberg), Prof. Dr. Claus-Christian Carbon (Universität Bamberg), Prof. Dr. Tim Weitzel (Universität Bamberg), Prof. Dr. Cornelia Niessen (Universität Erlangen-Nürnberg)

Der zweite Workshop-Tag begann mit einem Expertenpanel. TeilnehmerInnen waren Frau Prof. Dr. Schmid von der Fakultät Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik (Kognitive Systeme) der Universität Bamberg, Frau Prof. Dr. Niessen vom Lehrstuhl für Psychologie im Arbeitsleben der Universität Erlangen-Nürnberg, Herr Prof. Dr. Weitzel, Professor für Wirtschaftsinformatik der Universität Bamberg und Herr Prof. Dr. Carbon vom Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie der Universität. Die ExpertInnen berichteten von ihren eigenen Erfahrungen mit wissenschaftlichen Publikationen und beantworteten Fragen der TeilnehmerInnen. Sie gaben Tipps und Tricks, wie man seinen Schreibprozess verbessern kann und seine Forschungsideen besser strukturiert und zu Papier bringen kann. Zudem berichteten Sie aus Sicht einer Reviewerin/eines Reviewers, welche Gründe es gibt, dass ein bei einem Peer-Reviewed Journal eingereichtes Paper/Manuskript abgelehnt wird.

Gruppenarbeit

v.l. Yannick Runge M.Sc., Dipl. Psych. Michael Siebers, Patricia Kügler M.Sc., Prof. Dr. Cornelia Niessen, Tanja Bock M.Sc., Dr. rer. pol. Christof Thim

v.l. Arnulf Schüffler B.Sc. mult., Lukas Reuter M.Sc., Kyra Göbel M.Sc., Kai Sauerwald M.Sc., Prof. Dr. Annette Kluge, Prof. Dr. Gabriele Kern-Isberner, Isabel Schwier M.Sc.


Im Anschluss an das Expertenpanel bekamen die Workshop-TeilnehmerInnen ein ausführliches Feedback zu Auszügen aus ihren bisher verfassten Journalartikeln. In Kleingruppen wurden die Manuskipte besprochen. Die TeilnehmerInnen erhielten zunächst eine Rückmeldung von ihren KollegInnen in der Gruppe. Und im Anschluss gaben erfahrene WissenschaftlerInnen ein zusätzliches, ausführliches Feedback.