Erster SPP 1921 „Intentional Forgetting in Organisationen“ Methoden-Workshop fand vom 04.-05. Mai in Mannheim statt

Ziele des Workshops

Zu den Hauptzielen unseres Schwerpunktprogramms gehören die aktive Förderung und Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie die interdisziplinäre Diskussion wissenschaftlicher Methoden. Aus diesem Grund finden in regelmäßigen Abständen Workshops statt, mit denen der Austausch und die Netzwerkbildung zwischen den Projekten ermöglicht werden sollen. Der erste Methoden-Workshop fand am 04. und 05. Mai in Mannheim statt. Drei der SPP 1921 „Intentional Forgetting in Organisationen“ - Projekte stellten hier ihre in den jeweiligen Projekten angewandten Untersuchungsmethoden vor, die anschließend mit ihren Einsatzmöglichkeiten und -grenzen, hinsichtlich Validität und Reliabilität aber auch ihrer Praktikabilität im Plenum diskutiert wurden.

Konferenzsaal
Lupe
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Der Workshop wurde von den Mitgliedern des Koordinationsprojekts  organisiert und geleitet. Insgesamt nahmen 23 Projektmitarbeiter/innen an der Veranstaltung teil. Der erste spannende Workshop-Tag wurde mit einem gemeinsamen Abendessen im Dachgarten abgerundet.

Gemeinsames Abendessen im Dachgarten

Gemeinsames Abendessen im Dachgarten


Das Programm am ersten Workoshop-Tag

Am ersten Workshop-Tag stellte Herr Yannick Runge aus dem Projekt Managed Forgetting die Methode des Directed Forgetting und des Think/No-Think Paradigmas vor.
Danach gab es einen Vortrag mit dem Thema „Einsatz und IT-Unterstützung von Mechanismen des intentionalen Vergessens in der Produktentwicklung“ von Frau Dr. Claudia Schon, Frau Patricia Kügler und Herrn Philipp Kestel aus dem Projekt EVOWIPE. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der beiden Vorträge.

Vorstellung der Methode des Directed Forgetting und des Think/No-Think Paradigmas

Referent: Herr Yannick Runge, M.Sc.

Yannick Runge ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre der Universität Trier. Seit April 2017 ist er Doktorand in dem Projekt "Nachhaltige evolutionäre Unternehmensgedächtnisse: Grundlagen und Methoden von Managed Forgetting für den Wissensarbeiter im SPP Intentional Forgetting" das Teil des SPP 1921 ist. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Memory, Managed Forgetting und Electrophysiology.

Referent: Yannick Runge
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Referent Yannick Runge bei der Vorstellung der Methode des Directed Forgetting und des Think/No-Think Paradigmas
Referent Yannick Runge bei der Vorstellung der Methode des Directed Forgetting und des Think/No-Think Paradigmas

Herr Yannick Runge stellte in seinem Vortrag die Vergessensprozesse in der Kognitionswissenschaft, die Methode des Directed Forgetting sowie das Think/No-Think Paradigma vor.
Zu Beginn des Vortrags führte Herr Runge ein kurzes Vergessens-Experiment vor Ort mit den Teilnehmer/inne/n des Workshops durch, in dem zwei Wortlisten gemerkt werden sollten. Die eine Gruppe erhielt vor dem Merken der zweiten Liste die Anweisung die erste Liste wieder zu vergessen, die andere Gruppe erhielt die Anweisung, beide Listen zu behalten. Danach sprach Herr Runge zunächst darüber, warum Erinnerung oft misslingt und wie beispielsweise mithilfe von Cues Gedächtnisspuren wieder in Erinnerung gerufen werden können. Als nächstes stellte er die Methode des Directed Forgetting vor, die neben den Kosten von Vergessen auch den Nutzen von Vergessen hervorhebt. Durch intendiertes Vergessen von bestimmten Inhalten, können andere Inhalte besser erinnert werden. Hierbei wurde auch der Bogen zu dem zu Beginn mit der Gruppe durchführten Experiment geschlagen, bei dem das Ergebnis zeigte, dass die Gruppe, die die erste Liste wieder vergessen sollte, sich die zweite Liste besser merken konnte, als die Gruppe, die beide Listen behalten sollte. Dann wurde das Think/No-Think Paradigma vorgestellt, das genutzt wird, um die Fähigkeit zu messen den Abruf von Informationen zu unterdrücken. Bei dem Paradigma werden Wortpaare erst erlernt und dann in einem zweiten Schritt die Assoziation entweder unterdrückt oder erhalten. Versuchspersonen bekommen entweder die Anweisung weiterhin an das zweite Wort des Wortpaares zu denken, wenn das erste erscheint, oder sie werden angewiesen nicht an das zweite Wort zu denken, wenn das erste Wort erscheint. Das Unterdrücken der Assoziation zwischen den beiden Worten führt zu einer schlechteren Erinnerungsleistung für diese Wortpaare. Als letzten Punkt stellte Herr Runge den experimentellen Ablauf des Projektes Managed Forgetting vor.

Anderson, M. C., & Green, C. (2001). Suppressing unwanted memories by executive control. Nature, 410(6826), 366-369.



„Einsatz und IT-Unterstützung von Mechanismen des intentionalen Vergessens in der Produktentwicklung“

Referentin: Frau Dr. Claudia Schon

Frau Dr. Schon ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institute for Web Science and Technologies der Universität Koblenz-Landau. Sie ist Post-Doktorandin in dem Projekt EVOWIPE - Explizites Vergessen ontologiebasierten Wissens in der Produktentwicklung, das ein Teilprojekt des SPP 1921 darstellt. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Logik, insbesondere der Beschreibungslogik und im Bereich Commonsense Reasoning.

Referentin: Frau Patricia Kügler, M.Sc.

Frau Kügler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an dem Projekt EVOWIPE am Lehrstuhl für Konstruktionstechnik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg arbeiten.

Referent: Herr Dipl.-Ing. Philipp Kestel

Herr Kestel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Konstruktionstechnik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und arbeitet derzeit an dem Projekt EVOWIPE. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich Knowledge-based Engineering, Text- und Data-Mining in der Produktentwicklung und Feature-basierte Produktmodellierung.


ReferentInnen: Dr. Claudia Schon, Philipp Kestel, Patricia Kügler
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ReferentInnen Dr. Claudia Schon, Philipp Kestel, Patricia Kügler zum Thema „Einsatz und IT-Unterstützung von Mechanismen des intentionalen Vergessens in der Produktentwicklung“
ReferentInnen Dr. Claudia Schon, Philipp Kestel, Patricia Kügler zum Thema „Einsatz und IT-Unterstützung von Mechanismen des intentionalen Vergessens in der Produktentwicklung“

Das Thema des Vortrags waren Vergessensmechanismen in der Produktentwicklung sowie Unterstützung dieser Vergessensmechanismen durch IT.
Zunächst stellte das Projektteam die Problemstellung und Zielsetzung des Projektes vor. Durch die Wiederverwendung bereits vorhandener Produktmodelle und Produktentwicklungsprozesse entsteht eine hohe Aufwandsreduktion in der Produktentwicklung. Dabei müssen irrelevante Anforderungen, Modellelemente und Prozessschritte, die für das neue Produkt nicht mehr zutreffen und meist in digitaler Form vorliegen, absichtlich vergessen werden. Da es bisher keine adäquaten Vorgehensmodelle oder IT-Systeme zur Unterstützung dieser Mechanismen gibt, sollen in dem Projekt EVOWIPE bestehende IT-Systeme dahingehend erweitert werden, dass sie Vergessensmechanismen in der Produktentwicklung unterstützen können. Zunächst stellten die Referenten Frau Kügler und Herr Kestel Anwendungsszenarien für Vergessensmechanismen in der Produktentwicklung vor. Zur Veranschaulichung für die anderen Teilnehmer des Workshops hatte das Team Bauteildemonstatoren einer Antriebswelle mitgebracht, die in der Runde des Workshops verteilt wurden. Danach wurde das methodische Vorhergehen in einem Produktentwicklungsprozess vorgestellt. Als nächstes veranschaulichte das Projektteam die Konstruktion eines Produktmodells in einem CAD-System und erklärten dann, wie durch die Wiederverwendung von Produktmodellen und Produktprozessen die Effizienz im Produktentwicklungsprozess gesteigert werden kann. Hier kommen Ontologien aus der Informatik im Einsatz. Frau Dr. Schon erklärte als erstes, was Beschreibungslogiken sind und wie diese eingesetzt werden. Sie erklärte die Bestandteile von Ontologien, wie Klassen formalisiert werden und wie terminologisches Wissen formalisiert wird. Zur Veranschaulichung führte Sie dann eine Formalisierungsaufgabe zu Antriebsbaugruppen mit den Workshop-Teilnehmern durch. Als letztes erklärte Sie, warum Ontologien nicht einfach beliebig verändert werden können, denn wenn Ontologien verändert werden, muss darauf geachtet werden, dass nicht unbeabsichtigt zu viele Elemente des Produktmodells gelöscht werden oder es durch Hinzufügen von Inhalten zu Inkonsistenzen kommt.

Das Programm am zweiten Workkshop-Tag

Der zweite Workshop-Tag begann mit einem Vortrag von Frau Prof. Dr. Sabine Sonnentag in dem sie die Thinking-Aloud Methode vorstellte und anschließend im Plenum diskutierte. Zudem gab es in Anschluss an den Vortrag eine Gruppendiskussion, bei der die Teilnehmer des Workshops in den jeweiligen Projektgruppen die Einsatzbereiche der Thinking-Aloud Methode für ihre eigenen Projekte diskutierten und danach im Plenum vorstellten. Am Nachmittag fand eine abschließende Diskussion sowie Reflexion des gesamten Workshops statt.

„Die Thinking-Aloud Methode“

Referentin: Frau Prof. Dr. Sabine Sonnentag

Frau Prof. Sonnentag ist Inhaberin des Lehrstuhls für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Mannheim. Sie ist Antragstellerin des Projektes iVAA - Intentionales Vergessen von Arbeitsverhalten im Alltag: Erfassung, Formalisierung und Integration in interaktive Systeme. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Arbeitsstress und Erholung, Arbeitsengagement, Gesundheitsverhalten sowie proaktives Arbeitsverhalten.

Referentin: Prof. Sabine Sonnentag
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Referentin: Prof. Sabine Sonnentag zur der "Thinking-Aloud Methode“
Referentin: Prof. Sabine Sonnentag zur der "Thinking-Aloud Methode“

Als dritten Vortrag stellte Frau Prof. Dr. Sonnentag am zweiten Workshop-Tag die Thinking-Aloud (TA) Methode vor. Zunächst erklärte sie das Vorgehen bei der Methode und zeigte mögliche Anwendungsbereiche auf. Bei der TA Methode geht es um die Erfassung von verbalisierbaren kognitiven Prozessen und Emotionen während der Bearbeitung einer Aufgabe sowie die Verbalisierung der Handlungsprozesse. Während der Bearbeitung einer Aufgabe erhält eine Person die Anweisung, alles auszusprechen, was der Person durch den Kopf geht. Ein häufiger Einsatzbereich für die TA Methode stellen Usability-Test dar. Frau Prof. Dr. Sonnentag ging auf Ergebnisse vorheriger Forschung zur TA Methode ein. Diese zeigten, dass die TA Methode keinen Einfluss auf Leistung einer Person bei der Bearbeitung einer Aufgabe hat, die Bearbeitungszeit sich jedoch verlängert. In der Regel findet die Erhebung von TA Daten in Einzelerhebungen statt, die auf Videos aufgezeichnet werden. Frau Prof. Sonnentag betonte, dass es bei der Erhebung wichtig sei, dass eine Person klare Instruktionen erhält und ggf. während der Erhebung durch Prompts unterstützt wird. Zudem erklärte sie den Teilnehmenden, wie TA-Daten ausgewertet werden. Zuerst werden Protokolle segmentiert und ein Kategoriensystem muss erstellt werden. Dann wird idealerweise jedes der Segmente einer Kategorie zugeordnet. Frau Prof. Sonnentag ging ebenfalls auf die Anwendung der TA Methode im iVAA Projekt ein. Das Projekt beschäftigt sich mit der Erfassung des Ist- und Soll-Zustandes von Gewohnheiten bei der alltäglichen Arbeit. Diese Ist- und Soll-Zustände werden erhoben, indem Personen sich an eine Situation erinnern, in der eine bestimmte Gewohnheit das letzte Mal aufgetreten ist; anschließend sollen sie sich vorstellen, wie ein anderes Verhalten aussehen könnte. Am Ende der Präsentation zeigte Frau Prof. Dr. Sonnentag die Limitationen der Methode auf. So ist die TA-Methode zum einen nur bei bewussten Prozessen einsetzbar. Zum anderen stellt die Erhebung und Auswertung der Daten einen sehr aufwändigen Prozess dar und die Validität der Methode wird kontrovers diskutiert.
Nach dem Vortrag fanden Kleingruppendiskussionen in den Projektteams statt, in denen die Workshop-Teilnehmer diskutierten, wie sie die TA Methode in ihren eigenen Projekten einsetzen könnten.

Fox, M. C., Ericsson, K. A., & Best, R. (2011). Do procedures for verbal reporting of thinking have to be reactive? A meta-analysis and recommendations for best reporting methods. Psychological Bulletin, 137(2), 316.


Link zu Workshop Unterlagen

Alle SPP 1921-Mitglieder können auf die Unterlagen vom Workshop unter folgendem Link zugreifen:

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