Tandem-Workshop vom 03.-04. Mai 2018 in Limburg an der Lahn

Vom 03.-04. Mai 2018 fand der zweite Tandem-Workshop des SPP1921 statt. Im Vordergrund standen, neben der Förderung des Austausches und der Netzwerkbildung der interdisziplinären Tandem-Projekte, die Planung der zweiten Projektphase. Insgesamt nahmen 43 AntragstellerInnen und ProjektmitarbeiterInnen an der Veranstaltung teil.

Jeweils vier Projekte stellten je Workshop-Tag ihren aktuellen Forschungsstand vor. Die Referenten reflektierten die erste Projektphase mit Fokus auf bisherige Meilensteine und Publikationen und gaben einen Ausblick auf geplanten Schritte. Zudem bekamen die TeilnehmerInnen Informationen zu der zweiten Antragsphase durch VertreterInnen der DFG. Herr Prof. Dr. Eiter vom Institute of Logic and Computation der TU Wien referierte am zweiten Workshop-Tag über die vielfältigen Techniken, die im Bereich der Künstlichen Intelligenz für das Vergessen von Wissen in intelligenten Systemen entwickelt wurden.


Der erste Workshop-Tag begann mit dem Status-Update der ersten vier Projekte. Es folgt eine Zusammenfassung der Präsentation der Projekte AdaptPro, FADE, Getrost Vergessen und EVOWIPE.

AdaptPro

Der Referent des Projekts AdaptPRO berichtete, dass es Generalistensysteme, in denen es zu Überschneidung des Wissens von Teammitglieder und Spezialistensysteme, in denen jedes Mitglied individuelles Wissen besitzt, gibt. Die ersten Befunde die mittels Interviews und Workshops in Personalabteilungen, Verwaltung und in der Logistik generiert wurden ist, dass sich die Generalisierung und Spezialisierung von Wissen durch arbeitsanalytische Interviewverfahren abbildbar und messbar machen. Die Auswirkungen von Generalisierung und Spezialisierung auf Performanz sind wiederum abhängig von den Anforderungen geistiger Arbeit.

Die Publikationen und Konferenzbeiträge finden Sie hier hier. Zudem hat das Projektteam einen interdisziplinären Forschungsrahmen etabliert und disziplinäre Beiträge zusammengeführt. In Zukunft soll das Adaptionsverhalten experimentell untersucht und vorhandene Simulationsumgebung um TSA Modelle und Adaptationsmechanismen angepasst und erweitert werden.

Adaptpro Limburg
Referent Lukas Reuter, M.Sc.


FADE

Tanja Bock, M.Sc.

Das Projektteam FADE verfolgt das Ziel den Nutzer bei der Vorselektion und Herausfilterung von irrelevanter oder selten genutzter Information, mit Hilfe eines kognitiv-informatischen Systems, zu unterstützen. Bisher konnten die Wissensarten im Organisationskontext präzisiert werden. Die Formalisierung und Fundierung kognitiver Aktivationsprozesse konnte ebenfalls in der ersten Projektphase begonnen werden. Als nächsten Arbeitsschritt steht die Wissenskontraktion als formale Methode zur Modellierung des Vergessens fest. Die Publikationen und Konferenzbeiträge des Projektes finden Sie hier.


Getrost Vergessen

Getrost Vergessen Limburg
v.l. ReferentInnen Dennis Riehle, M.Sc. und Sarah Meeßen, M.Sc.


Das Projekt Getrost Vergessen untersucht die Forschungsfrage welche motivationalen und emotionalen Prozesse den erfolgreichen Gebrauch von Informationssystemen durch individuelle User beeinflussen und welche Gestaltungsleitlinien sich daraus für Informationssysteme mit einer individuellen Informationsbereitstellung zur Unterstützung von Intentional Forgetting in Organisationen ergeben? In den ersten Studien konnten hemmende und förderliche Faktoren für Vertrauen und Misstrauen in Informationssysteme sowie Basiseffekte auf Leistung und Beanspruchung erfasst werden. Bisherige Publikationen finden Sie hier. Künftig soll die Moderation durch Kontext- und Personenvariablen untersucht werden. Darauf folgt die Validierung des Prototyps.

EVOWIPE

Evowipe2 Collage Limburg
v.l. Referentinnen Patricia Kügler, M.Sc. und Dr. Claudia Schon


EVOWIPE, kurz für Explizites Vergessen ontologiebasierten Wissens in der Produktentwicklung, hat die ontologiebasierte Repräsentation des Produktwissens zum Ziel. Zusätzlich soll der mögliche Einsatz von Intentional Forgetting(IF)-Mechanismen in der Produktentwicklung anhand von Anwendungsszenarien analysiert und die Mechanismen in IF-Operatoren durch eine geeignete Semantik umgesetzt werden. Bisher konnte die Kontextualisierung der IF-Mechanismen durch die Entwicklung der Anwendungsszenarien gemacht werden. Das Team erstellte ebenfalls die ontologiebasierte Wissensrepräsentation der Anwendungsszenarien. Fertiggestellt wird in Zukunft neben der Spezifikation und Umsetzung der IF-Operatoren auch die Generalisierung der Methodik und die Validierung der formalen IF-Operatoren. Bisherige Publikationen und Konferenzbeiträge finden Sie hier.

Gastvortrag Prof. Dr. Eiter

Prof. Dr. Thomas Eiter (Institut für Logic and Computation, TU Wien) gab in seinem Vortrag einen Überblick über die vielfältigen Techniken, die im Bereich der Künstlichen Intelligenz für das Vergessen von Wissen in intelligenten Systemen entwickelt wurden. Erste Ansätze zum Vergessen in logischen Ausdrücken findet man schon bei George Boole (1815-1864), dem Begründer der formalen Aussagenlogik, eine explizite Betrachtung des Vergessens von Wissen in der Wissensrepräsentation erfolgte später ab den 80er bzw. 90er Jahren des letzten Jahrhunderts. Prof. Eiter behandelte das Vergessen von Attributen/Merkmalen und ihren Werten, Fakten, Individuen sowie von Beziehungen zwischen Individuen in unterschiedlichen Logiken. Logikbasierte Ansätze ermöglichen es, die Bedeutung der zu vergessenden Information in einem komplexen Geflecht von Abhängigkeiten und Konsequenzen zu analysieren und zu evaluieren, und sie stellen formale Methoden zum effektiven, kontrollierbaren Vergessen zur Verfügung.

Eiter Limburg
Referent Prof. Dr. Thomas Eiter


Dare2Del

Mit dem Ziel der Fokussierung von Aufmerksamkeit mit positiven Konsequenzen für die Aufgabenleistung und Wohlbefinden möchte das Projektteam Dare2Del ein Assistenzsystem (cognitive companion) entwickeln, welches Personen bedarfsgerecht bei dem Ausblenden und Vergessen irrelevanter Informationen unterstützt. Für die Klassifikation von Irrelevanz soll induktive logische Programming (ILP) als ausdrucksstarker und transparenter Ansatz des maschinellen Lernens verwendet werden. Mit ersten Studien konnte Intentionales Vergessen im Arbeitskontext sowie die Effekte der Unterstützung von Dare2Del auf Vergessen, Beanspruchung und Leistung untersucht werden. Die Ergebnisse zeigen, dass besonders Personen mit einer geringen Fähigkeit Gedächtnisinhalte intentional vergessen zu können von diesem System profitieren. Die Publikationen und Konferenzbeiträge von Dare2Del findet Sie unter Publikationen.

Dare2del Collage Limburg
v.l. Referentinnen Prof. Dr. Ute Schmid und Prof. Dr. Cornelia Niessen


Managed Forgetting

Managed Forgetting Limburg
v.l. ReferentInnen Christian Jilek, Dipl.-Wirtsch.-Ing., Yannik Runge, M.Sc. und Dr. Claudia Niederée


Das Projektteam Managed Forgetting befasst sich mit einem Bündel von Maßnahmen, die das Ziel haben den Nutzer durch Informationssysteme dabei zu unterstützen sich auf relevante Informationen zu fokussieren und in einem bestimmten Kontext irrelevante Informationen (zeitweise) vergessen zu können. Ein wichtiger Prozess ist hierbei die Inhibition, welche beispielsweise einen Inhalt weniger zugänglich oder ganz unterdrückt, um die Verarbeitung relevanter Informationen zu steigern. Es konnten Inhibitionseffekte mittels kognitivpsychologische Experimente untersucht und kognitive Effekte von kontextueller Inhibition analysiert werden. Die nächsten Schritte bezüglich der Forgetful Information Access Methoden ist es, den fortgeschrittenen Prototyp für die Testung fertigzustellen und mit weiteren Experimenten zu beginnen. Zusätzlich soll die Evaluation der Systeme vorbereitet werden. Publikationen und Konferenzbeiträge des Projektes finden Sie unter Publikationen.

iVAA

Ivaa Limburg
v.l. Wilken Wert, M.Sc. und Dr.-Ing. Benjamin Weyers


Im Projekt iVAA (Link) wird zu arbeitsbezogener Gewohnheiten geforscht. Zum einen ist es Ziel, ein interaktives System zu entwickeln, das die Änderung solcher Gewohnheiten unterstützt. Mit Hilfe einer Transformationsmethode sollen aus Think-Aloud Protokollen, welche arbeitsbezogene Gewohnheiten und deren Anpassungen beschreiben, Petri Netze erzeugt werden, welche durch das interaktive System genutzt werden können. Die ersten Ergebnisse einer Studie zeigen, dass die Transformationsmethode erfolgreich ist. Eine weitere Studie ist in Planung. Zum zweiten zielt das Projekt darauf ab, ein Verständnis von situationalen und organisationalen Kontexten von unerwünschten arbeitsbezogenen Gewohnheitsverhalten und deren Veränderung im Arbeitskontext zu gewinnen, um die Faktoren zu identifizieren, unter denen es besonders erfolgversprechend ist, unerwünschte Gewohnheiten intentional zu „vergessen“. Mit Hilfe einer Tagebuchstudie werden aktuell Daten über das Zeigen zuvor spezifizierter arbeitsbezogener Gewohnheiten und von Alternativerhalten über den Verlauf von jeweils 10 Arbeitstagen erhoben.

Routines & Retrieval Cues

Ziel der Forschung des Projekts Routines & Retrieval Cues ist die Erkenntnis darüber, wie sich willentliches Vergessen alter Aktivitäten zu Gunsten von neu zu erlernenden Aktivitäten in Produktionsprozessen vollzieht und wie dies aktiv unterstützt werden kann. Die Forschungsfrage ist dabei, auf welcher Weise Vergessen in arbeitsteiligen, geschäftsbezogenen Aktivitäten stattfindet. Mit dem Experiment, welches aus realen Produktionsprozessen aus Unternehmen abgeleitet und in einen Laborkontext übertragen wurde, konnte festgestellt werden, dass das experimentelle Setting die Erfassung des Vergessens ermöglicht. Der für eine Routine spezifische (theoretische) Effekt, dass Aktivitäten, mit hoher Wiederauffindungsstärke schwerer vergessen werden als Aktivitäten mit niedriger Wiederauffindungsstärke konnte bestätigt werden. Bisherige Publikationen und Konferenzbeiträge können Sie hier nachlesen.

Arnulf Schüffler, M.A.


Impressionen vom Tandem-Workshop